Rom im April 2024

Drei Hochzeiten und eine Brücke

Nach dem Frühstück brachen wir zu neuen Abenteuern auf. Ein großer Vorteil unserer Unterkunft war es, dass sich direkt vor Tür eine Haltestelle der Buslinie 75 befindet und die vorige Haltstelle die Endstation ist, daher erwischt man meist einen leeren Bus. Wir fuhren wieder bis zur Station Piramide und stiegen in die Metro um. Wie es der Teufel so will: an einen der Pfeiler auf dem Bahnsteig sahen wir ein Warnschild vor Taschendieben, die diese Linie bevorzugen. Instinktiv kontrollierte ich, ob sich mein Portemonnaie auch wirklich in der Innentasche meiner Jacke befand. Wir fuhren bis zur Station San Agnese/Annibaliano und gingen zu Fuß zu unserem ersten Ziel, die Kirchen San Agnese und Santa Constanza, die Umberto noch nicht kannte. Außerdem wollte er sich gerne einmal eine Katakombe anschauen und ich empfahl ihm die von San Agnese. Sie ist klein und überschaubar. Leider hatten wir bei unserer Planung einen wichtigen Punkt außer Acht gelassen. Es war Samstag, der Tag wo sich die Römer besonders gerne das „Ja-Wort“ geben. In San Agnese fand gerade eine Trauung statt, also konnten wir sie uns nicht anschauen. Da sich auf dem Gelände auch die Kirche Santa Constanza befindet, gingen wir zu ihr.


Hier hatten wir etwas mehr Glück. Hier sollte auch eine Hochzeit stattfinden, der Küster war voll in seinen Vorbereitungen, ein Streicherensemble probte und der Priester blätterte im Messbuch. Der Küster gab uns zu verstehen, dass wir noch Zeit hätten, um uns Santa Constanza in aller Ruhe anzuschauen. Das taten wir dann auch. Ursprünglich wurde Santa Constanza als Mausoleum für die Töchter von Kaiser Konstantin, Constantia und Helena, im Jahre 340-345 n. Chr. errichtet. Im Zuge der Verehrung Constantias als Heilige, diente der Bau dann als Baptisterium und später als Kirche. Im Gebäude befindet sich eine Kopie des Sarkophags von Constantia, das Original ist in den Vatikanischen Museen zu bewundern.



Wir bestaunten die Mosaiken im Umgang des Rundbaus und warfen einen schnellen Blick auf das Deckenmosaik. Dann erlebte ich die schönsten 20 Minuten dieser Romreise. Die Streicher spielten die Stücke, die für die Trauung vorgesehen waren, sie stammten allesamt von G.-F. Händel, einem Komponisten den ich sehr schätze. Als erstes und ich nehme stark an, dass es auch für den Einzug vorgesehen war, „Die Ankunft der Königin von Saba“ aus dem Oratorium Salomo. Dann folgte die Bourèe aus der Feuerwerksmusik, ein Stück, dass ich besonders liebe, gefolgt von einem Stück aus der Wassermusik. Die Stücke wurden nicht nur exzellent gesielt, vor allem war die Akustik des Raumes war ganz wunderbar. Die ersten Hochzeitsgäste trafen ein, die elegant gekleidet waren. Man muss es einmal sagen: Italiener haben einfach Stil. Da wir alles Wesentliche gesehen hatten, unternahmen wir uns noch einmal Versuch San Agnese zu besuchen. Die Hochzeit war bereits zu Ende, aber die nächste sollte in Kürze beginnen und so zogen wir unverrichteter Dinge ab und begaben uns zur Via Nomentana, wo wir einen Bus nehmen wollten, der uns zur Ponte Nomentano bringen sollte. Der Bus ließ auf sich warten. Die ersten Hochzeitsgäste, die zu der Trauung nach San Agnese wollten, trudelten ein. Trudeln, ist ein schlechter Ausdruck für das, was wir da sahen. Der Herr trug einen Cutaway und die Dame ein sehr elegantes Kleid. Wir schlossen daraus, dass es sich nicht um das Brautpaar handelte. Die beiden schritten in Richtung Kirche. Nach kurzer Zeit tauchten immer mehr Herren im Cut auf, auch die Kleider der Damen wurden immer prächtiger und die Limousinen, die vorfuhren, immer nobler und teurer. Da heirateten bestimmt keine armen Leute. Wir tippten auf alten römischen Adel. Auf jeden Fall verkürzte dieses Defilee unsere Wartezeit enorm.

Auf unser nächstes Ziel freute ich mich riesig. Schon seit längerem hatte ich mir vorgenommen, einmal die Ponte Nomentano zu besuchen, aber wie es oft mit römischen Zielen ist, blieb es beim Wunsch. Dabei war ich der Brücke schon Zweimal recht nahe- gekommen. Zum einen, bei meinem ersten Besuch von San Agnese und zum anderen lockte mich ein Reisebericht von @Tizia zu einem Naturschutzgebiet am Aniene. Seit jenen Stunden hege ich ein Interesse an diesem Nebenfluss des Tibers.




Sollte ich mich jemals in Rom in brenzligen Situationen befunden haben, dann war es bestimmt in diesem Naturschutzgebiet. Windige, unheimliche Gestalten begegneten mir. Mein Opa hätte gesagt „lichtscheues Gesinde“. Irgendwann landete ich in einer Gartenkolonie, wo ich von entgegenkommenden Menschen ungläubig angestarrt wurde. Ganz nach dem Motto: Jetzt treiben sich die Touristen auch schon in unseren Gärten herum.

Wir entfernten uns der Via Nomentana und näherten uns der Ponte Nomentano und wieder stellten wir fest, wie schnell sich die Umgebung in Rom verändern kann. Eben standen wir auf einer der meistbefahrenen und lautesten Straßen Roms und jetzt gingen wir auf einen Brückenbau zu, der bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. zurückreicht und eine idyllische Atmosphäre verbreitet. Heute nicht ganz so, wie es hier auf diesem Bild aus dem Jahr 1837 zu sehen ist. Uns begegnete das Wappen von Papst Innozenz X. und eine Brückenmadonna. Als ich das kleine Täfelchen mit dem Grazie entdeckte packte mich der Schalk im Nacken und ich legte meinen Stock dazu.





 
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Erneut ein interessanter Bericht, geschrieben auch mit Esprit und zudem schön bebildert.


Zu deinem Händel-Erlebnis:
Die Stücke wurden nicht nur exzellent gespielt, vor allem war die Akustik des Raumes war ganz wunderbar.
Eine Erfahrung, die wohl nur die allerwenigsten von uns Foristi teilen können. Da habt ihr Glück gehabt.


Als ich das kleine Täfelchen mit dem Grazie entdeckte, packte mich der Schalk im Nacken und ich legte meinen Stock dazu.
Was für eine sinnige Votivgabe! :)
 
Wir entfernten uns der Via Nomentana und näherten uns der Ponte Nomentano und wieder stellten wir fest, wie schnell sich die Umgebung in Rom verändern kann. Eben standen wir auf einer der meistbefahrenen und lautesten Straßen Roms und jetzt gingen wir auf einen Brückenbau zu, der bis zum 1. Jahrhundert v. Chr. zurückreicht und eine idyllische Atmosphäre verbreitet.

Lieber Padre, die Ponte Nomentano ist wirklich hübsch, Nihil und ich, wir waren schon 2 mal dort. Es ist dort genau so, wie du es beschreibst.

Erneut Danke für deine weiteren Erlebnisse. Ich kann es kaum erwarten selber wieder römisches Pflaster unter den Füßen zu spüren.
 
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In der Villa Torlonia

Wir hatten uns eine kleine Pause verdient. So gingen wir zur Bushaltestelle auf der Via Nomentana zurück und warteten auf einen Bus. Als nächstes wollten wir und die Villa Torlonia anschauen und dort eine Pause einlegen. Wir brauchten nicht lange auf einen Bus zu warten. Vor uns lag keine sonderlich lange Fahrt, denn die Villa Torlonia liegt ebenfalls an der Via Nomentana und sechs Haltestellen von der Ponte Nomentano entfernt. Die Villa hat eine bewegte Geschichte hinter sich. Seit 1978 ist die Stadt Rom der Eigentümer und wandelte sie in einem öffentlichen Park um. Von 1925 – 1943 war das Casino Nobile, das Hauptgebäude, die offizielle Residenz von Benito Mussolini.


Die Bankiersfamilie Torlonia erwarb das Anwesen 1797. Davor war es in Besitz der Familie Colonna, die es von den ursprünglichen Besitzern, der Familie Pamphilii übernahmen. Auf dem Gelände befinden sich neben dem Casino Nobile weitere Gebäude. So ein Theater, die Casina delle civette, und ein Gewächshaus im Maurischen Stil. Es war Samstagnachmittag und viele römische Familien waren mit ihren Kindern im Park unterwegs. Umberto und ich hatten Lust auf einen Aperol und entdeckten eine Cafeteria, die sehr gut besucht war und über ein schönes Außengelände verfügte. Wir fühlten uns dort sehr wohl, beobachteten die Spaziergänger und die anderen Gäste, schmiedeten Pläne für den kommenden Tag und genossen das Dasein in der Urbs.
 
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In der Peterskirche

Unser letzter voller Tag in Rom brach an. In der Villa Torlonia hatten wir abgemacht, dass wir in St. Peter die Messe und anschließend das Regina coeli mit Papst Franziskus besuchen werden. Mit öffentlichen Verkehrsmitteln von der unserer Unterkunft zum Petersplatz zu gelangen ist nicht unmöglich, aber wir entschieden uns dennoch für ein Taxi. Der Taxifahrer hielt vor dem Palast des Heiligen Offiziums und schnupperten erst einmal, ob es nach Rauch roch, dann passierten wir ohne große Wartezeiten die Sicherheitskontrolle, die direkt an dem Kolonaden stattfand.


Der Petersplatz war gut besucht und so gingen wir zunächst in die Basilika hinein. Normalerweise findet das Hochamt am Cathedra-Altar in der Apsis statt. Vermutlich durch die Restaurierung des Baldachins Papstaltares, fand der Gottesdienst im Hauptschiff und somit am Papstaltar statt. Ich habe schon viele Rombesucher gesprochen, die sich über einen übervollen Petersdom und die dort herrschende Museumsatmosphäre beklagten. Ich habe die Kirche auch mit vielen Besuchern erlebt, aber so voll wie an diesen Sonntag noch nie. Das lag nicht an den Besuchern der Messe, sondern an die Touristen, die die Seitenschiffe in Beschlag nahmen. Da wir noch Zeit hatten, besuchten wir das Grab von Papst Johannes Paul II. und von Johannes XXIII. Gerne hätten wir die Grotten mit den anderen Papstgräbern besucht, aber leider waren sie vermutlich wegen des bald beginnenden Gottesdienstes geschlossen. Die Kirche füllte und füllte sich mit Menschen und das Gedrängel nahm rapide zu. Ich muss sagen, dass das Situationen sind, die ich seit meiner Erkrankung eher vermeide, als dass ich sie suche. Umberto wollte das Messgeschehen aus der Nähe betrachten und stellte sich im vorderen Teil vor einer Absperrung und nahm von dort an dem Gottesdienst teil. Ich hatte zu alledem keine Lust mehr. So setzte ich mich ins linke Querschiff und hatte meine Ruhe. Irgendwie war meine Stimmung gerade auf dem absoluten Nullpunkt. Meine Stimmung hellte sich etwas auf, als ich meinen Stuhl etwas drehte und mir Bellinis Baldachin anschaute, bzw. was man zurzeit davon sieht. Außer dem oberen Bereich nicht viel, da er eingerüstet und das Gerüst wiederum verhüllt ist. Diese Verhüllung gefällt mir. Ich finde sie dezent und passend. Christo und Jeanne Claude hätten es nicht besser machen können.


Als die Messe zu Ende war, stieß Umberto wieder zu mir. Mit dem Großteil der Gottesdienstbesucher verließen wir die Peterskirche. Wir kamen an der Taufkapelle vorbei, in der gerade Kinder getauft wurden. Wer sein Kind im Petersdom taufen lässt, darf keine Privatatmosphäre erwarten!
 
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Vielen Dank, padre, für Deinen schönen Bericht.
Ja, es ist schon nicht mehr schön, in Rom an manchen Plätzen in der Touristenflut unterzugehen.
Im letzten Jahr war bei uns der Andrang zum Petersdom so stark, dass wir leider auf einen Besuch
verzichtet haben, zum Leidwesen eines Mitfahrers, der ihn noch nicht kannte.
An anderen Highlights schleusten wir uns schnell vorbei. Zum Glück kennen ja erfahrene Rombesucher wie Du und ich ruhigere Plätze, wie Dein Bericht deutlich macht. Die Ponte Nomentana steht jetzt auf meiner Liste für den nächsten Besuch. Apropos ruhig: Erstaunlich war, dass wir in San Lorenzo fuori le Mura niemanden antrafen und somit auch den schönen Kreuzgang für uns alleine hatten. Dass kaum jemand z.B. Santo Stefano Rotondo oder das Museum Centrale Monte Martini aufsucht, kann nicht verwundern, da die Touristen in der Regel nur die Hauptattraktionen besuchen. Was soll man sonst darüber sagen? So ist z. Zt. der Lauf der Dinge.
Auf den nächsten Besuch freuen wir uns trotzdem.
 
Mystagogus hat völlig recht.
Leider kein spezifisches Problem von Rom. Überall auf der Welt ertrinken die Hauptattraktionen in Touristenmassen. Wir haben ja bei unserem letzten Rombesuch auch auf die Menschenmassen um den Trevibrunnen hingewiesen. Die anderen "Hotspots waren der Bereich Kolosseum und der Petersdom/VM, wobei es am Kolosseum fast noch am Besten ging aber der Trevibrunnen,,,,,,:mad::(
Natürlich gibt es auch in Rom nach wie vor viele Attraktionen, die nahezu unberührt vom Tourismus erscheinen, ich nenne da nur den Palazzo Massimo alle Terme oder die Villa Giulia bei den Museen und eine ganze Menge Kirchen, die wunderschön und touristenfrei sind. Aber natürlich wird jeder Erstbesucher die "Highlights" sehen wollen und uns wird es nicht anders ergangen sein, als wir auch noch Erstbesucher waren. Man kann da nur raten wenn möglich Zeiträume zu wählen, die nicht gerade Hauptreisezeiten sind.
Wir empfehlen ausdrücklich November und Januar. Aber letztes Mal waren wir auch im November da und die Verhältnisse um den Trevibrunnen s.o. Es bleibt schwierig.
 
@gordian: uns ging es (natürlich genauso). Eintrittsgeld und ein Zeitfenster einzurichten ist bei den Hauptattraktionen vielleicht nicht verkehrt. Eine Alternative ist die genannte Reisezeit.
Das Flair Roms ist dann etwas anders als in den wärmeren Zeiten, was aber wieder ausgeglichen wird durch die Ruhe. Chacun a son gout.
 
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Genau so. Man kann da wirklich Glück haben. Wir haben im Januar tatsächlich schon im Freien gegessen, es hat uns aber auch schon zwei Tage lang heftig eingeregnet. Aber es gibt ja für jedes Wetter Möglichkeiten, etwas zu unternehmen.
Und - lieber bei 10 Grad im Januar als bei 35 Grad im Juli. Ist aber natürlich Ansichtssache.
 
Lieber Padre,
herzlichen Dank für die Fortsetzung des schönen Berichts.
Die Ponte Nomentana steht jetzt auf meiner Liste für den nächsten Besuch.
Bei mir auch, denn die Bilder sind zu verlockend. Ich habe auch schon mein Buch "Die antiken Brücken von Rom" aus dem Regal geholt.


Beim Verlag finde ich nur noch die italienische Ausgabe.
 
Auf dem Petersplatz

Als wir vor Sankt Peter standen gab es die nächste Hürde zu überwinden: Die Stufen, zum Hinabsteigen musste ich mich am Geländer festhalten, aber davor standen viele Menschen, die entweder die Aussicht auf den Platz genossen oder die Schweizer Gardisten beobachten. Ohne die Hilfe von Umberto hätte ich es nie geschafft. Ich war, und ich bitte um Verzeihung, wirklich angepisst. Wenn ich allein gewesen wäre, hätte ich mir eine ruhige Bar gesucht und einen Cappuccino getrunken, doch der Papst stand ja noch auf dem Programm. Der Petersplatz war schon recht gut gefüllt und ich ging auf den linken Brunnen zu. Ich lehne mich an einen der Begrenzungspfeiler an und versuchte die Stimmung des Platzes in mich aufzunehmen, als der Wind sich drehte und ich einen dicken Spritzer von der Fontäne abbekam. Schlimmer geht immer, sagt ein Sprichwort – und es hat recht. Es gibt bestimmt eine Steigerung von „angepisst sein“, ich kenne sie nicht, aber das Gefühl nur zu gut. Umberto, der meine Stimmung mitbekam, schaute sich auf dem Platz um, als ich plötzlich anfing zu lachen und zwar so, wie ich es bis dahin lange nicht mehr getan hatte. Mir kam eine kleine Passage aus dem Buch von Adalbert Seipolt „Alle Wege führen nach Rom“ in den Sinn, die nicht passender hätte sein können. Seipolts Buch, 1958 erschienen, erzählt von einer bunt gemischten Pilgergruppe, deren Ziel die Ewige Stadt ist. Unter den Pilgern befindet sich die Ordensschwester Annaberta, die fromm und ein wenig naiv ist. Voller Erwartungen betritt Schwester Annaberta den Petersdom und wird vollends enttäuscht. Ihr begegnet dort eine Bahnhofsatmosphäre und wenig Heiliges. Sie stürzt aus St. Peter und auf dem Petersplatz kommt sie langsam zur Ruhe, als sie einen der Brunnen betrachtet und ihn mit der Kirche vergleicht.


Der Brunnen schießt das Wasser in der Höhe, dem Himmel entgegen, bevor es in die erste Schale hineinstürzt, um sich von neuem zu sammeln und sich dann in der Zweite zu ergießen. Und ist es nicht auch mit der Kirche, die ihre Gandengaben ausschüttet, mag es auch ungünstige Winde geben, wie der Brunnen geizt sie nicht mit ihren Gaben, ist geradezu verschwenderisch damit. Nach all den unschönen Momenten, die ich in den letzten paar Stunden erlebte und mich fast verzweifeln ließen, hatte ich nun meinen ganz persönlichen Gottesdienst: kurz, feucht und einprägsam. Da konnten selbst die Worte des Papstes nicht mithalten. Nach dem Regina caeli machten wir uns über der Via della Conziliazione auf den Weg in das Centro stoirico.
 
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Im Zentrum

Am Ende der Conziliazione gab es erneut eine kleine Enttäuschung, denn durch Bauarbeiten an der Piazza Pia war der Zugang zur Engelsbrücke nicht möglich. Der erste Rombesuch ohne die Grabstätte von Johannes Paul I. aufgesucht zu haben und nun auch der erste ohne die Engelsbrücke überschritten zu haben. Wir über überquerten den Tiber über der Ponte Vittorio Emanuele II und ich machte den Vorschlag in meiner Lieblingsbar einen Cappuccino zu trinken.

Die Bar Brassai, ehemals Bar Bella Roma, befindet sich in der Via Panico. Seit meinem ersten Rombesuch habe diese Bar lieben und schätzen gelernt und zu meiner Lieblingsbar erklärt und in ihr meinen ersten römischen Cappuccino getrunken. Ich weiß noch, wie ich sie zum ersten Mal betrat und mit den italienischen Gepflogenheiten noch nicht richtig vertraut war. Direkt neben der Eingangstür befand sich die Kasse, die vom Senior geführt wurde. Damals war es gang und gebe, dass man sein Getränk an der Kasse zahlte und dann mit dem Bon zum Tresen ging und nachdem der Barista den Bon entwertet hatte machte er an die Arbeit den Kaffee zuzubereiten. Ich ging natürlich zuerst an den Tresen und wurde vom Großvater zurückgepfiffen, der mir dann erklärte, wie man in Italien einen Cappuccino bestellt. Heute wird diese Weise kaum noch praktiziert und mir fällt nur das Sant`Eustaccio und das Tazza d`oro ein, wo es noch so gehandhabt wird. Heute ist die Bar eher von Touristen geprägt, ganz anders als im Jahr 1990. Da war die Bar Bella Roma der Ort, wo sich die Nachbarschaft traf, um sich Neuigkeiten auszutauschen, zu tratschen und um sich über die Politik aufzuregen. Ich sehe sie noch genau vor mir: die beiden Müllmänner, die die letzten Fußballergebnisse diskutierten, während ein Priester in einer etwas abgetragenen Soutane, sich einen Caffè bestellte und mit den beiden Männern ins Gespräch kam. Gerne erinnere ich mich an den Barista, der dort viele Jahre gearbeitet hat und die Vorlieben Kundschaft genau kannte. In der Zeit, wo ich mehrmals im Jahr in Rom war, erkannte er mich immer wieder, überlegte kurz und fragte: „Senza cacao?“ Bei den nächsten Besuchen wurde ich gar nicht mehr gefragt, sondern bekam den Cappuccino unaufgefordert. Irgendwann gab der Besitzer die Bar auf, die Räumlichkeiten wurden saniert, der Name wechselte und auch das Klientel. Wenn ich die Bar Brassai besuche, sehe ich noch die alte Bar Bella Roma vor meinem inneren Auge. So auch an diesen Sonntag, als Umberto und ich uns an einem der wackeligen Tische, die vor der Bar standen, setzten. Wir überlegten, wie es weitergehen sollte? Wir waren uns noch etwas unschlüssig, aber auf jeden Fall wollten wir über der Via dei Coronari und der Vialla delle Vetrina zur Piazza Navona. Ich bin diese Strecke das letzte Mal vor der Pandemie gegangen und stellte gerade in der Via dei Coronari einen Wechsel der Geschäfte fest. Auf der Piazza Navona angekommen, trennten sich unsere Wege. Ich wollte zur Unterkunft zurück und Umberto wollte sich weiter historischen im historischen Zentrum umsehen.
 
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Aus diesem wiederum sehr unterhaltsamen Berichtsteil :cool: möchte ich Folgendes herausgreifen:
Damals war es gang und gäbe, dass man sein Getränk an der Kasse zahlte und dann mit dem Bon zum Tresen ging und nachdem der Barista den Bon entwertet hatte machte er an die Arbeit den Kaffee zuzubereiten.
Sehr gut erinnere ich mich an meine eigene entsprechende Erfahrung, nämlich im Mai des hl. Jahres 2000, in der Gelateria an der Fontana di Trevi. Wobei mir allerdings dieser "Fauxpas" erspart blieb; denn wir deutschen Malteser wurden begleitet von italienischen Kollegen, die uns gleich von vornherein erklärten, wie man das in Italien macht. Es leuchtete mir sofort ein; und ich fand diesen Usus gleichermaßen sinnvoll wie auch sympathisch.

Darum bedauere ich es, dass er mittlerweile weitgehend aufgegeben wurde:
Heute wird diese Weise kaum noch praktiziert und mir fällt nur das Sant`Eustaccio und das Tazza d`oro ein, wo es noch so gehandhabt wird.
Nämlich natürlich als Zugeständnis an ausländische Touristen. Die ja allerdings oft vorgeben, auf ihren Reisen "Land und Leute" kennenlernen zu wollen.
Ach ja ... wirklich?
 
Auch auf dem flachen Land ohne ernsthafte Touristenmengen wird die von Dir geschilderte Zahlungsmethode nicht mehr oft angewendet. Für Nostalgiker in Rom noch eine Empfehlung. Die Gelateria Fassi in der Via Principe Eugenio in Esquilino praktiziert das heute noch genauso wie die genannten Kaffeebars. Und dazu noch eine interessante Art-deco-Ausstattung, was die Italiener ja gern "Tiffany-Style" nennen. Man fühlt sich um mindestens 80 Jahre zurückversetzt. Mal davon abgesehen, dass das Eis hervorragend ist. Aber hervorragende Eisdielen gibts ja in Rom nun wirklich etliche.
 
Darum bedauere ich es, dass er mittlerweile weitgehend aufgegeben wurde:
Heute wird diese Weise kaum noch praktiziert und mir fällt nur das Sant`Eustaccio und das Tazza d`oro ein, wo es noch so gehandhabt wird.
Nämlich natürlich als Zugeständnis an ausländische Touristen. Die ja allerdings oft vorgeben, auf ihren Reisen "Land und Leute" kennenlernen zu wollen.
Ach ja ... wirklich?
Ach, Gaukler, warum sollten / wollten Touris nur vorgeben " Land und Leute" kennenzu lernen. Es ist halt so, dass man viele Gebräuche noch nicht kennt, wenn man plötzlich im Alltag mit solchen Abweichungen des Bestell- und Zahlungsgebarens konfrontiert wird. Und da Rom/ Italien zunehmend von Touristenmassen heimgesucht wird, war es wahrscheinlich irgendwann den Römern/ Italienern zu bunt, 100 x am Tag den Touris dasselbe erklären zu müssen.
Nicht alle haben das Glück auf einen Fremdenführer zurückgreifen zu können, der einen im Zweifelsfall vor solcher Ignoranz bewahrt. In deinem Fall halt die italienischen Malteser.
Aber wie bei Padre, man lernt es sofort, wie es funktioniert, und wenn sich dabei ein lustiges Miteinander ergibt, bewahrt man doch positive Erinnerungen selbst an so einen " Fauxpas".
Es gibt übrigens noch viele Eisdielen und Bars/ Cafes in Rom, wo diese italienische Variante der zweigeteilten Bezahlen- Bestellen-Tradition weitergeführt wird.
 
Lieber Padre

Nun habe ich in deinen so persönlich geschriebenen Reisebericht weitergeschmökert. Traurig und schön zugleich....Ich finde, da strömt trotz Tiefs und Enttäuschung so viel Humor und dann doch auch Gelassenheit aus den Zeilen: es ist ein Genuss, dir auf den Wegen durch Rom zu folgen.
Ich habe auch meine liebe ( katholische) Not mit St. Peter. Zu gross, zu protz, zu kalt. Und wie du es sagst, zum musealen Tummelplatz verkommen. Der Petersplatz dagegen...., ja, das ist nicht nur höchste Kunst und Kultur, sondern auch "Annabertas naive , katholische Erkenntnis". Und du bist da wirklich gesegnet worden.
Und es freut mich sehr, dass du das Buch "Alle Wege führen nach Rom" von Adalbert Seipolt entdeckt hast. Das ist so liebevoll und mit Augenzwinkern geschrieben.
 
Nochmals der Campo de`Fiori

Während Umberto in den Gassen des Centro storico eintauchte, ging ich in Richtung Campo de`Fiori weiter. Ich verließ die Piazza Navona in südlicher Richtung und ging nicht wie am Musei di Roma vorbei, sondern nahm den linken Ausgang und fand mich auf einem kleinen, mir bisher unbekannten, Platz wieder auf der eine antike Säule steht.


Ich stand auf der Piazza dei Massimi, ein nicht gerade schönes Plätzchen, wenn zuvor auf der Piazza Navona war, aber dafür ein außerordentlich ruhiger Ort. Heute weiß ich, dass die umliegenden Häuser auf den Überresten des Odeon des Domitian stehen, das zwischen 92-96 n. Chr. errichtet wurde. Die heute noch zu sehende Säule ist wahrscheinlich eine von ursprünglich 90 Säulen, die das Theater einst schmückten. Die erhaltene Säule wurde 1950 gefunden und dann an ihrem jetzigen Standort aufgestellt. Ich überquerte den Corso Vittorio Emanule II und war mal wieder auf dem Capo de`Fiori.


Es war ein wunderschönes Wetter, dass dazu einlud auf dem Campo zu verweilen und so setzte ich mich vor einen der Lokale und bestellen eine Aperol. Auf dieser Reise, aber auch schon bei der da vorigen war der Campo ein oft besuchter Platz gewesen. 2023 und 2024 war der Campo de´Fiori auf jeden Fall mein römischer Lieblingsplatz. Ich ließ noch einmal die Erlebnisse dieser Tage Revuepassieren. Da sich bei mir der kleine Hunger meldete, wechselte ich das Lokal und setzte mich ins Romanesca und bestellte ein Gericht, dass ich im vorigen Jahr erst kennengelernt habe und nicht verachte: Coda alla vaccinara (Ochsenschwanzragout) und seitdem auch schon öfters zuhause zubereitet habe. Langsam kam bei mir Abschiedsstimmung auf, denn ich hatte überhaupt keine Lust aufzubrechen, um damit zu beginnen meine Koffer zu packen. Aber irgendwann lässt sich das unvermeidliche nicht aufhalten und ich brach zur Unterkunft auf. Das Abschlussessen nahmen wir wieder im Il Focolare ein.

Da unser Flug am Vormittag startete brachen wir frühzeitig zum Flughafen auf und erlebten eine problemlose Rückreise.

Hier endet mein Bericht, aber es wird noch römischer Platz unter der Lupe genommen.
 
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Ich habe auch meine liebe ( katholische) Not mit St. Peter. Zu gross, zu protz, zu kalt. Und wie du es sagst, zum musealen Tummelplatz verkommen.
So habe ich schon bei meinem ersten Besuch vor 50 Jahren empfunden. Es ist mir nie gelungen Sympatie mit diesem Kunstwerk aufzubauen.
Es waren nur ein paar kurze Episoden an die ich mich gerne erinnere.

Padre, auch ich bin dir gerne gefolgt. Deine Zeilen zu lesen war ein großer Genuss.
 
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